Wie eine Fata Morgana taucht das weltberühmte Schloss vor der Kulisse der bayerischen Alpen auf. König Ludwig II. erdachte die imposante Burg der Spätromantik, um dem Rittertum zu huldigen und als Denkmal für die Welt der Musikdramen Richard Wagners.
Hoch über der Schlucht der Pöllat steht das "Märchenschloss" Neuschwanstein auf einem zerklüfteten Felsen. Das bekannteste Schloss Bayerns zieht jährlich über eine Million Besucher an. Der weltentrückte König Ludwig II. ließ es ab 1868 errichten, um die Bühnenwelt Richard Wagners Realität werden lassen. Die Burg sollte, wie er an Wagner schrieb, im echten Styl der alten deutschen Ritterburgen gebaut werden und Reminiscenzen aus Tannhäuser und Lohengrin enthalten. Den Ort, an dem er das Schloss errichten wollte, beschrieb Ludwig II. mit den Worten: "Dieser Punkt ist einer der schönsten, die zu finden sind, heilig und unnahbar, ein würdiger Tempel für den göttlichen Freund".
Architekten realisierten das Schloss nach den Vorstellungen des Königs
Die Planungen für Neuschwanstein lagen zunächst in den Händen Eduard Riedels, derIdeen des Bühnenmalers Christian Jank umsetzte. Der Grundstein wurde am 5. September 1869 gelegt. Ab 1874 war Georg Dollmann für das Bauvorhaben verantwortlich. Unter seiner Leitung wurde die Innenausstattung bis 1886, dem Todesjahr Ludwig II., im dritten und vierten Stock mit Wohnung, Thronsaal und Sängersaal weitgehend vollendet. Das malerische Programm betreute der Kunst- und Literaturhistoriker Hyazinth Holland. Julius Hoffmann brachte das Bauvorhaben zwischen 1886 und 1892 zum Abschluss. Es spiegelt die zum Teil unterschiedlichen stilistischen Vorstellungen der drei Architekten wieder, obwohl diese streng den sich ständig wandelnden Vorstellungen des Königs folgen mussten: Ludwig II. überprüfte jedes Detail der Ausstattung und nahm oft Korrekturen vor, ehe er die Ausführung genehmigte. Das Schloss sollte zu einer charakteristischen Neuschöpfung des Historismus werden. In Bautypus und Bauschmuck entspricht es dem Stil der deutschen Romanik des frühen 13. Jahrhunderts. Die gesamte Anlage ist mit Kalksteinquadern vom nahen Steinbruch Alter Schroffen verkleidet.
1886 stirbt der König - Neuschwanstein wird für Besucher geöffnet
König Ludwig II. bewohnte Neuschwanstein erstmals vom 27. Mai bis 8. Juni 1884. Zwei Jahre später, am 12. Juni 1886 wurde er nach Schloss Berg gebracht, zwei Tage später fand er im Starnberger See den Tod. Ab 1. August 1886 war das Schloss zur öffentlichen Besichtigung freigegeben. In Restaurierungen, Umbauten, Instandhaltung und die Sicherung des Felsens, auf dem das Schloss steht, hat die Bayerische Schlösserverwaltung bis heute mehrere Millionen Mark investiert.
Richard Wagners Musikdramen waren Leitmotiv der Ausstattung
Bereits während seiner Kronprinzenzeit hatte Ludwig II. Musikdramen Richard Wagners im Münchner Nationaltheater gesehen. Bald nach der Thronbesteigung bestellte er Literatur und Gutachten über den Nibelungenstoff. Den Gang vor seinem Appartement in der Münchner Residenz ließ er mit Themen aus dem "Ring des Nibelungen" ausmalen. Auch die Malerei in den Räumen von Neuschwanstein sollten sich am Themenkreis der Werke Wagners orientieren.
Ungewöhnlich sind Speisezimmer und Schlafzimmer des Königs
Neben dem Sängersaal und dem Thronsaal verdienen zwei Räumlichkeiten besondere Beachtung: Das Speisezimmer wurde mit Motiven aus dem Sängerkrieg auf der Wartburg ausgemalt. Zu sehen sind Szenen aus der Zeit des Landgrafen Hermann von Thüringen, Minnesängerbildnisse und Allegorien von Rittertugenden. Den Tisch ziert ein Tafelaufsatz mit der Gruppe "Siegfried im Kampfe mit dem Drachen". Das königliche Schlafzimmer ist gotischen Räumen nachempfunden. Bemerkenswert ist der Waschtisch mit einer Art Baldachin, einer silbernen Waschschüssel und einem Wasserspender in Gestalt eines Schwanes.