Aschaffenburg beherbergt eines der schönsten Renaissanceschlösser Deutschlands. Erbaut als Zweitresidenz der Kurfürst-Erzbischöfe von Mainz, diente es später König Ludwig I. von Bayern als Sommerfrische. Das Schloss beherbergt neben vielen anderen Kunstschätzen auch die weltweit größte Sammlung von historischen Architekturmodellen aus Kork.
Schloss Johannisburg, das majestätische Wahrzeichen Aschaffenburgs, liegt direkt am Hochufer des Mains. Die fast 90 mal 90 Meter messende Vierflügelanlage mit ihren markant behelmten Ecktürmen gehört zu den bedeutendsten Schlossbauten der deutschen Renaissance. Seinen roten Sandsteinmauern verleiht besonders die Abendsonne einen intensiven, warm leuchtenden Ton. Bis 1803 diente dieser Prachtbau den Mainzer Erzbischöfen und Kurfürsten als zweite Residenz, die sie vor allem im Sommer gerne aufsuchten. Erzbischof Johann Schweikard von Kronberg hatte das Schloss 1605 bis 1614 durch den in Strassburg geborenen Architekten Georg Ridinger errichten lassen. Zuvor war die an gleicher Stelle gelegene mittelalterliche Burg 1552 im Markgräflerkrieg weitgehend zerstört worden. Vom aufgehenden Mauerwerk der alten Burg hat sich nur der Bergfried des 14. Jahrhunderts erhalten, der von Ridinger als asymmetrisches Zentrum und fünfter Turm in einen Flügel seines Neubaus miteinbezogen wurde.
Ein herausragendes Beispiel für deutsche Renaissancearchitektur
Den hohen Rang dieses Schlosses innerhalb der deutschen Renaissancearchitektur führen die prachtvollen Fassaden mit ihren Mittelgiebeln und Zierobelisken noch immer anschaulich vor Augen. Vom ursprünglichen Aussehen der Innenräume kann jedoch heute - außer den vier Wendeltreppen in den kleinen Ecktürmchen des Innenhofs - nur mehr die Schlosskirche mit ihrem (erneuerten) Netzrippengewölbe einen Eindruck vermitteln. Ihr Altar und ihre Kanzel sind herausragende Werke der deutschen Plastik. Geschaffen wurden sie bis 1618 von dem fränkischen Bildhauer Hans Juncker. Die übrigen Schlossräume wurden hingegen bereits Ende des 18. Jahrhunderts unter Erzbischof Friedrich Carl von Erthal im Stil des Klassizismus völlig neu gestaltet. Die Pläne hierfür lieferte der in Portugal geborene Architekt Emanuel Joseph von Herigoyen, der seine Ausbildung in Paris erhalten hatte.
Der Mainzer Domschatz
Auf die schwere Zerstörung des Schlosses im Zweiten Weltkrieg folgte der langwierige Wiederaufbauarbeiten, die bis 1964 das äußere Bild wiederherstellen konnten. In diesem Jahr wurden die Schauräume und Sammlungen der Bayerischen Schlösserverwaltung mit den geretteten Teilen des alten Inventars neu eröffnet. Auf dem heutigen Rundgang ist dort als erster Höhepunkt die Paramentenkammer zu besichtigen, in der wertvolle Textilien aus dem ehemaligen Mainzer Domschatz zu sehen sind. Ein Stockwerk höher vermitteln die fürstlichen Wohnräume mit dem erhaltenen klassizistischen Mobiliar einen Eindruck der Schlossatmosphäre der Erthalzeit. Besonders beachtenswert ist ein nachweislich von Johannes Kroll geliefertes Möbel im Gesellschaftszimmer, das eine ungewöhnliche Kombination von Kabinettschrank und Standuhr darstellt, sowie ein wohl ebenfalls von ihm hergestellter doppelstöckiger Schreibtisch mit zwei Rolldeckeln übereinander, an dem sowohl im Sitzen wie im Stehen gearbeitet werden konnte.
Modelle aus Kork
Eine Sehenswürdigkeit besonderer Art ist die Dauerausstellung "Rom über die Alpen tragen" im zweiten Obergeschoß. Hier werden 29 aus Kork hergestellte Architekturmodelle gezeigt, die die berühmtesten antiken Bauwerke Roms darstellen. Die farbig gefassten Korkoberflächen imitieren verblüffend detailgetreu die verwitterten Mauerstrukturen der jahrhundertealten Originalbauten. Ursprünglich wurden diese Modelle zwischen 1792 und 1854 von dem Hofkonditor Carl May und seinem Sohn, dem Ingenieur Georg May, angefertigt. Ihre Größe reicht von der 20 Zentimeter hohen Cestiuspyramide bis zu dem auch als Modell riesigen Kolosseum mit 312 Zentimetern Durchmesser. Das Kolosseum von Georg May ist übrigens das größte Korkmodell überhaupt, wie auch die Aschaffenburger Sammlung mit insgesamt 54 Exemplaren die weltweit umfangreichste Sammlung von Korkmodellen ist. Ein dritter Schauraum, in dem weitere 16 Modelle nach Bauwerken entlang der Via Appia und aus Tivoli ausgestellt werden, ist derzeit in Planung. Im gleichen Rundgang mit den genannten Räumen ist auch die Zweiggalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zu besichtigen, deren Schwerpunkt auf Werken Lukas Cranachs dem Älteren und seiner Werkstatt liegt, sowie das Schlossmuseum der Stadt, das eindrucksvolle Kunstwerke von mittelalterlichen Skulpturen bis zu Gemälden von Christian Schad zeigt.
Ein Schlossgarten mit Mainblick
Im Anschluss an den Schlossbesuch empfiehlt sich ein Spaziergang durch den kleinen, aber abwechslungsreichen Schlossgarten zum Pompejanum. Zunächst bietet die von einer Balustrade eingefasste Mainterrasse einen weiten Ausblick ins Maintal. Sie wurde zu Beginn der Bauzeit des Schlosses hinter einer Stützmauer aufgeschüttet, deren Höhe fast 20 Meter beträgt. Der weitere Weg führt flussabwärts nach Westen, hinunter zu einem reizvollen, 1788 von Herigoyen angelegten Laubengang. Vorbei an herrlichen, blumenumrahmten Aussichten auf den Fluss spaziert man hier über einen erhalten gebliebenen Abschnitt der mittelalterlichen Stadtmauer. Auf der folgenden kleinen Anhöhe steht ein 1782 von Herigoyen entworfener klassizistischer Rundpavillon, der so genannte "Frühstückstempel". Dahinter erstreckt sich der letzte noch erhaltene Teil des ehemaligen Stadtgrabens, der in den siebziger und achtziger Jahresn des 18. Jahrhunderts parkartig gestaltet wurde. Ein Eisensteg führt über dieses heute üppig bewachsene Tal in eine weitere Gartenpartie, die erst Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt wurde. Mit Säulenpappeln, Zedern, Feigen, Mandel- und Pfirsichbäumen, einem Kiefernhain und einem Weinberg wurde hier eine mediterrane Ideallandschaft als passendes Umfeld für das Pompejanum geschaffen.